125 Jahre für ein besseres Oberwil
30.01.2025 OberwilVom sozialen Engagement bis hin zur Förderung von Kultur – die Pestalozzi-Gesellschaft Oberwil hilft dort, wo es nötig ist, und feiert nun ihr 125-jähriges Jubiläum mit einem Schritt in die Sichtbarkeit.
Das alte Sprichwort «Tu Gutes, aber sprich nicht darüber» könnte das Leitmotiv der Pestalozzi-Gesellschaft Oberwil sein. Der gemeinnützige Verein engagiert sich seit 125 Jahren im Dorf, ohne viel Aufhebens zu machen. Immer dort, wo Hilfe gebraucht wird – sei es bei bedürftigen Einzelpersonen, sozialen Projekten oder kulturellen Initiativen – bleibt der Verein unauffällig und arbeitet leise, aber konsequent im Hintergrund. Doch in einem Zeitalter, in dem Sichtbarkeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, fragt sich, ob «Gutes tun und doch darüber sprechen» nicht auch eine Chance sein kann.
«Understatement ist eine Tugend», erklärt Roland Zehnder, Vizepräsident der Pestalozzi-Gesellschaft, der sich unter anderem um die Kommunikation kümmert. «Wir drängen uns nicht in den Vordergrund, aber wir wollen auch nicht völlig unsichtbar bleiben. Wenn uns niemand kennt, können wir auch keine Unterstützung leisten.» Die Gesellschaft feiert in diesem Jahr ihr 125-jähriges Bestehen – ein Anlass, der für den Verein eine gute Gelegenheit darstellt, seine Arbeit in den Vordergrund zu rücken, ohne dabei aufdringlich zu wirken. Schliesslich leistet der Verein eine wichtige Arbeit, wie deren Präsident Christoph Kunz, dessen Urgrossvater zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft rund um den Oberwiler Nationalrat Stefan Gschwind gehörte, betont: «Das Engagement unserer Gesellschaft ist breit gefächert. Wir unterstützen Projekte, Vereine und bedürftige Menschen, und tragen damit einen wesentlichen Teil zum sozialen und kulturellen Leben in Oberwil bei.»
Vielfältige Unterstützung
Die Pestalozzi-Gesellschaft hat sich in den letzten 125 Jahren als ein zentraler Akteur in der Gemeinde etabliert. Sie hilft vor allem in schwierigen Lebenssituationen, sei es durch einmalige Hilfen in Notlagen oder durch die Unterstützung von Familien, die sich beispielsweise eine Vereinsmitgliedschaft für ihre Kinder nicht leisten können. «Es ist uns ein grosses Anliegen, dass Kinder an sozialen Aktivitäten teilnehmen können, auch wenn es den Eltern finanziell schwerfällt», erklärt Kunz.
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Hilfe für Menschen, die aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen Unterstützung benötigen. «Wir fördern Massnahmen, damit Betroffene im gewohnten Umfeld bleiben können, etwa durch finanzielle Unterstützung für die Bereitstellung von Hilfsmitteln», sagt Zehnder. Diese Hilfe wird oft in Zusammenarbeit mit der Gemeinde und Fachorganisationen wie der Spitex koordiniert.
Neben dieser sozialen Unterstützung fördert die Pestalozzi-Gesellschaft auch kulturelle Projekte und Veranstaltungen im Dorf. So wurde etwa während der Coronazeit das Projekt «Kunst und Bau» ins Leben gerufen. Mittels eines Wettbewerbs wurden Künstler aufgerufen, die Pestalozzi-eigenen Gebäude innen und aussen mit Kunstwerken zu versehen. «Solche Projekte verschönern nicht nur das Dorf, sondern tragen auch zur kulturellen Vielfalt bei, und generierten nicht zuletzt Einkommen für die Künstler in jener schwierigen Zeit», so Kunz.
Ohne Geld gehts nicht
Die finanzielle Grundlage der Pestalozzi-Gesellschaft ist stabil und ermöglicht es ihr, ihre gemeinnützigen Ziele zu verfolgen. Der Grossteil der Einnahmen stammt aus Mietwohnungen, die zu ortsüblichen Preisen vermietet werden. «Das Immobiliengeschäft hat sich als sehr tragfähig erwiesen und ist heute neben den Erträgen aus Wertschriften die Hauptquelle unserer Einkünfte», erklärt Zehnder. Hinzu kommen kleinere Einnahmen, etwa aus der Verpachtung von landwirtschaftlich genutzten Flächen.
Mehrwert für die Gemeinde
Mitte Januar hat die Pestalozzi-Gesellschaft ihr 125-jähriges Jubiläum mit einem festlichen Anlass begangen, zu dem neben den Mitgliedern auch viele Vertreter von Partnerorganisationen eingeladen waren. «Diese Veranstaltung war ein Dankeschön für ihren unermüdlichen Einsatz», sagt Präsident Kunz. Doch das Jubiläum dient nicht nur der internen Feier: Die Gesellschaft unterstützt auch die Gemeinde bei der Verschönerung des unteren Wehrlinplatzes hinter dem neuen Gemeindehaus. «Dieses Projekt ist als Geschenk von bleibendem Wert für die Oberwiler Bevölkerung gedacht», erklärt Zehnder, der auch eine speziell für die Jubiläumsprojekte eingesetzte interne Arbeitsgruppe leitet.
Zudem plant der Verein die Entwicklung zweier interaktiver Dorfrundgänge für Familien und Erwachsene. «Wir möchten die Geschichte und Kultur von Oberwil auf eine neue, spannende Art erlebbar machen», sagt Zehnder. Die Rundgänge sollen im Mai der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Ein weiteres wichtiges Projekt der Gesellschaft ist die Produktion von fünf Kurz-Videos, die die Arbeit des Vereins vorstellen und das Engagement noch transparenter machen sollen. «Die Videos sind eine Möglichkeit, unsere Arbeit einem breiteren Publikum zugänglich zu machen und den Menschen zu zeigen, wie sie von unseren Angeboten profitieren können», sagt Zehnder. Das erste Video zum Thema «Jugend und Alter» ist bereits auf der Website des Vereins abrufbar. «Die Digitalisierung ermöglicht es uns, neue Wege zu gehen, ohne unsere Werte von Understatement und Zurückhaltung zu verlieren», erklärt er weiter. «Es geht nicht nur darum, Gutes zu tun, sondern auch darum, es zu zeigen, damit die richtigen Menschen davon profitieren können.»
Die Pestalozzi-Gesellschaft wird auch in Zukunft eine wichtige Rolle im sozialen und kulturellen Leben von Oberwil spielen. Mit ihrem nachhaltigen Finanzmodell, ihrem breiten Engagement und der Bereitschaft, sich ständig weiterzuentwickeln, bleibt der Verein ein verlässlicher Partner für die Gemeinde Oberwil und deren Bevölkerung.
Und er ist ein Paradebeispiel dafür, dass «Gutes tun und trotzdem darüber sprechen» durchaus im Einklang mit den eigenen Werten stehen kann.
Stefan Fehlmann
Mehr zur Pestalozzi-Gesellschaft erfahren Sie unter: www.pestalozzi-gesellschaft-oberwil.ch