Allschwiler Polizist schreibt Mystery-Romane in Oberwil
17.07.2025 OberwilAndreas Meyer schreibt seit seiner Jugend Geschichten. Inzwischen hat er bereits seinen dritten Roman der Mystery-Reihe «Die Protokolle des Gideon Blake» im Selbstverlag veröffentlicht. Sein Beruf als Polizist ist dabei weniger Inspiration als vielmehr seine Jugendidole John Sinclair und Stephen King.
E. Ray Sanders hat bereits seinen dritten Mystery-Roman veröffentlicht. «Kein Licht für die Toten» heisst der neueste Fall für den englischen Privat-Parapsychologen Gideon Blake, der mysteriöse Spukerscheinungen untersucht, erstmals nicht mehr in seinem heimischen Yorkshire an der englischen Atlantikküste sondern im deutschen Rheinland, wo seine Freundin in Fernbeziehung Lea wohnt. «Die Protokolle des Gideon Blake» heisst die Romanreihe.
Autor E. Ray Sanders wohnt seit vier Jahren in Oberwil, zuvor in Bottmingen, und heisst im wirklichen Leben Andreas Meyer. «Das Pseudonym ist ein Anagramm; nur das M wollte nirgends reinpassen», sagt der 55-Jährige vergnügt auf seinem Balkon auf der strassenabgewandten Hausseite im Dorfkern. Der Mann ist stämmig gebaut und leger im Rocker-Stil gekleidet, hat freundliche Augen und einen weissen kurzen Bart. Selbstironisch fügt er hinzu: «Wer will schon eine englische Schauergeschichte von ‹Andy Meyer› lesen?»
Bruder und Schwester schreiben Bücher
Sanders alias Meyer führt seine Lust zu schreiben bis in seine Jugendzeit zurück. Seine zwei Jahre jüngere Schwester Claudia, die heute Poltera heisst, teilt diese Leidenschaft: «Wir haben uns gegenseitig Geschichten geschrieben und vorgelesen.» Auch heute schreibt Poltera noch, Lyrik und Prosa im Eigenverlag und das autobiografische Buch «Nie passiert» über Abtreibung. Die beiden Geschwister betreuen ihre gemeinsame Facebook-Seite «Wortverwandt».
Die Schwester traute sich lange vor Meyer, an die Öffentlichkeit zu gehen. Meyer packte es immer wieder, wie er erzählt: Seinem Sohn schrieb er in den Neunzigern zum Vorlesen eine eigene Folge der Serie «Die drei Fragezeichen», die er selbst noch immer gerne liest. «Aber die Geschichte blieb auf der Festplatte, auf der ich sie abgespeichert hatte», erzählt Meyer. Immer wieder während des Interviews kommt Hündin Nadj (gesprochen: Nadi) neugierig, ein sehr gästeliebendes Tier, und schnuppert abwechselnd an Herrchen und dem Journalisten.
Hündin wird zur Protagonistin
Die vermutete Schäferhund-Dackel-Mischung aus Tschechien, die Meyer und seine Frau vor fünf Jahren vom Tierheim mit nach Hause nahmen, weiss nichts davon, dass sie die Protagonistin von Meyers zweitem Buch ist. «Nadj: Ein Leben voller Abenteuer» heisst es und erzählt von ihrem Leben auf der Strasse und ihrem neuen Heim in Oberwil – unter schriftstellerischer Freiheit versteht sich. Dieses Buch liess Meyer dann tatsächlich im Eigenverlag auf Book-on-Demand (Bücher auf Bestellung) für Verwandte und Bekannte drucken.
Als Schüler Stephen-King-Bücher ausgetauscht
Seine wahre schriftstellerische Bestimmung fand er aber in Gideon Blake. Schon als Kind habe er die Geschichten des Geisterjägers John Sinclair verschlungen: «Bücher von Stephen King reichten wir unter den Schulkameraden gegenseitig weiter.» Auch sein Faible für die englische Küstenlandschaft ist alt, obwohl er zwar schon ein paarmal in London, aber noch nie in Yorkshire war, wo Gideon Blake zu Hause ist.
Der ehemalige Dozent und freizeitmässige Geisterjäger wohnt in Staithes, einem kleinen Ort nahe Whitby, der wie gemacht scheint für unheimliche Geschichten. In Whitby verwandelte nicht nur Dracula sein erstes englisches Opfer Lucy Westenra in einen Vampir, Autor Bram Stoker lebte dort tatsächlich einige Zeit und liess sich inspirieren.
«Grössere Orte als Bezugspunkte sind real, die Orte der eigentlichen Handlungen erfunden», erklärt Meyer. Das hält er auch im dritten Teil so, als Gideon Blake wie erwähnt seine Freundin im Rheinland besucht und dort ermittelt.
Von Bram Stoker und seinem Briefroman «Dracula» liess sich Meyer auch zum Aufbau der eigenen Romane inspirieren: In den eigentlichen Erzähltext sind Auszügen aus den Protokollen integriert, die Gideon Blake während seiner Ermittlungen schreibt. Mit dem Namen seines Helden tat sich Meyer wie bei allen Figuren schwer: «Oft heissen sie erst einmal ‹Person 1› und ‹Person 2›, bis mir etwas einfällt.» Bei Gideon Blake stellte er per Internetsuche sicher, dass noch keine Romanfigur so heisst.
Gruseln ja, aber ohne Blut und Mord
In Oberwil sieht sich Andy Meyer als Teil der Dorfgemeinschaft; er und seine Frau fühlen sich wohl im Dorfkern in Gehdistanz zu allen Geschäften. In Allsch wil hingegen kennt man Andy Meyer in seinem Beruf als Gemeindepolizisten und Leiter der Abteilung Sicherheit. Dort weiss man allerdings nichts von seiner Schriftstellerkarriere, ist er sicher. Der Bücherladen «Die Buchhandlung» in Reinach will hingegen seine Gideon-Blake-Romane in den Verkauf nehmen.
Gruseln sollen sich seine Leser durchaus; wichtig ist Meyer aber, dass er seine Geschichten weitgehend gewaltfrei ohne Mord und Blut schreiben will. «Eine Frau wendet sich an Gideon Blake, weil ihre Tochter im Haus Stimmen hört und eine Gestalt sieht», fasst er die Prämisse des ersten Romans zusammen. Gideon Blake nimmt mit einem befreundeten Polizisten die parapsychologische Ermittlung auf. Ob er schon einen vierten Roman plant? Meyer lacht: «Ich schreibe parallel schon am siebten.»
Boris Burkhardt