Herrlich «undigital»
11.09.2025Diese Woche ist der BiBo herrlich «undigital» und fast schon altmodisch. Es riecht nach Benzin, Erde, Holz und frischem Brot. Es geht um Begegnungen auf dem Dorfplatz, um Gespräche von Angesicht zu Angesicht, um Handwerk, Tradition und Gemeinschaft. Dinge, die man nicht downloaden kann. In einer Welt voller Clouds, Reels und Hashtags wirken diese Geschichten wie kleine Fluchten in eine Realität, die greifbar bleibt.
In Bottmingen ist es die Erinnerung, die glänzt. Oldtimer, liebevoll restauriert, ziehen nicht nur Blicke auf sich, sondern auch eine Sehnsucht nach einer Zeit, in der Motoren nach Handwerk rochen und nicht nach Software-Updates. Als man Glühbirnen selber wechselte und den Schraubenschlüssel statt den Laptop ansetzte. Diese Fahrzeuge erzählen nicht von Bits und Bytes, sondern von Öl, Leder und Benzin. Ist es nur Nostalgie oder ein stiller Protest gegen eine Welt, die immer schneller digitalisiert?
Oberwil wiederum zeigt, dass «undigital» nicht rückwärtsgewandt sein muss. Am Sonderabfalltag und beim Clean Up Day geht es ums Zupacken. Farbdosen, Sprayflaschen und PET-Flaschen werden getragen, sortiert und gesammelt. Handarbeit, die die Umwelt schützt, konkreter als jeder Post im Netz. Nachhaltigkeit ist hier kein Hashtag, sondern Schweiss, Wille und schmutzige Finger.
Therwil feiert die Gegenwart und das ganz analog. Fünf Jahre Wuchemärt sind nicht nur eine Bilanz von Ständen, sondern eine Erinnerung daran, wie Gemeinschaft funktioniert. Menschen kaufen Fisch und Gemüse, reden miteinander, bleiben stehen, wenn die Drehorgel spielt oder eine Schulklasse singt. Kein Algorithmus entscheidet Begegnungen, sondern der Dorfplatz und der Zufall. Der Markt ist ein bewusst analoges Gegenmodell zur Anonymität des Onlinehandels und vielleicht genau deshalb so wertvoll.
Und Ettingen: Der Rebberg erzählt eine Wahrheit, die sich nicht digitalisieren lässt. Krankheiten, Schädlinge und Wetter verschwinden nicht per Mausklick. Hier zählen Geduld, Erfahrung und Arbeit. Natur hat keine Reset-Taste. Wenn am Ende trotzdem ein neuer Jahrgang gekeltert wird, ist das nicht nur Genuss, sondern auch der Beweis, dass Beharrlichkeit mehr Gewicht hat als jede künstliche Intelligenz. Der Rebberg ist nicht nur Landwirtschaft, sondern Symbol dafür, wie Zukunft entsteht, durch echte Arbeit mit der Natur.
Vier Gemeinden, vier Geschichten. Sie alle zeigen, was jenseits von Bildschirmen bleibt. Menschen, die zupacken, bewahren und feiern. Vielleicht ist genau das der wahre Luxus unserer Zeit: ein Stück herrlich analoges Leben.
Viel Spass beim Lesen.
Stephan Rüdisühli