Eine Familie wie aus dem Rallyebook
25.09.2025 TherwilChristine, Thierry und Martin Zaugg fahren gemeinsam als Familie «Roadbook-Rallyes». Im Interview erklären sie dem BiBo, um was es bei diesen Rallyes geht und was sie mit Freiheit und Improvisation zu tun haben.
Ihr fahrt gemeinsam als Familie Auto rallyes. Wie kommt ihr zum Motorsport?
Martin: Früher fuhr ich Autorennen, vor allem Rundstrecken und Slalom. Als es im Motorsportclub eines Tages eine Roadbook-Rallye gab, dachte ich mir: «Schauen wir doch mal, wie das ist!»
Was ist eine Roadbook-Rallye?
Martin: Eine Rallye, bei der man ein Roadbook abfahren muss – eine Sammlung von Strecken und zu lösenden Aufgaben. Bei den Strecken sind Autobahnen tabu, es geht darum, Nebenstrassen zu entdecken. Es gibt kein GPS, nur Karten aus Papier.
Christine: Man soll ein Land kennenlernen und entdecken, improvisieren und als Team stark sein.
Thierry: Es gewinnt nicht das Team mit der kürzesten Zeit, sondern das mit den meisten Punkten. Wobei es bei der Zieleinfahrt ein Zeitfenster zu berücksichtigen gilt.
Wie lange seid ihr schon als «Rallye Team ninety-niner» unterwegs?
Christine: Seit 2020. Wir wohnen seit 23 Jahren in Therwil und fühlen uns dem Dorf sehr verbunden und verwurzelt, ausserdem bin ich Lehrerin an der Primarschule. Weitere Bezugspunkte sind Volleyballund Turnverein und der Frauenchor.
Wie viele Teams nehmen an den Rallyes teil?
Martin: In Norwegen sind 150 gestartet und 90 ins Ziel gekommen. Zu den Ausfällen kam es wegen Pannen, nicht wegen Unfällen.
Wie ist das Verhältnis zu den anderen Teams?
Martin: Der Teamgeist steht im Vordergrund – man hilft sich, tauscht Tipps aus. Es ist eine familiäre Atmosphäre.
Christine: Als Teilnehmer erkennen wir uns unterwegs an Armbändchen, die wir tragen und natürlich an den Autos, die mit dem Teamnamen und dem Rallye-Logo markiert sind. Wenn wir uns unterwegs treffen, tauschen wir uns aus und haben tolle Begegnungen.
Thierry: Das Zusammenfahren macht Spass, das Im-Konvoi-Fahren. Und wenn wir aneinander vorbeifahren, winken und hupen wir und machen Videos, die wir uns gegenseitig schicken.
Wie ist eure interne Aufgabenverteilung?
Christine: Martin fährt meistens und ich mache die Navigation. Unsere Aufgabenteilung beginnt schon vor dem Start: dann bringt Martin das Auto auf Vordermann, während ich mich um das Kartenmaterial kümmere. Wenn wir unterwegs sind, kümmere ich mich um die Planung des bevorstehenden Tages.
Thierry: Ich sitze hinten rechts, eingeklemmt zwischen Campingsachen, Ausrüstung und unseren Wasservorräten.
Martin: Wir nutzen die Rallyes, um zusammen eine schöne Zeit zu haben, etwa Zelten zu gehen – darum ist unser Auto immer sehr voll.
Kommt es zwischendurch unterwegs zu Reibereien?
Martin: Es sind lange gemeinsame Fahrten, jemand fährt und der/die andere navigiert und hantiert mit Karten. Das kann zu Konflikten führen. Ich kann Roadbook-Rallyes nur empfehlen, wenn deine Ehe gut ist.
Christine: (lacht.) Stimmt, ich auch.
Was sind das für freiwillige Aufgaben, die ihr zwischendurch erledigen müsst?
Christine: Das ist ganz unterschiedlich. Bei der letzten Rallye mussten wir einen Rasen mähen, ein Foto davon machen und es dem Spielleiter senden.
Rallyes hätte ich jetzt eher mit Rasen als Rasenmähen in Verbindung gebracht.
Martin: Es geht um Sachen, die nicht direkt mit der Rallye zu tun haben. Die Teams sollen mit den Einheimischen in Kontakt kommen. Man kommt also in ein Dorf und fragt sich so lange durch, bis man jemanden gefunden hat, dem man den Rasen mähen kann.
Christine: So entstehen schöne Begegnungen. In Norwegen gab es die Aufgabe, aus Legosteinen eine Rampe zu bauen, auf der das Auto aufgebockt werden kann.
Thierry: Ein anderes Mal mussten wir ein Ruderboot finden und auf einen See rudern. Natürlich hatten wir kein Ruder, also mussten wir einen Klappspaten nehmen. Das war witzig, wir fanden nur ein altes Boot, aus dem schon Gras und Moos wuchsen.
Martin: Die Aufgaben sind freiwillig – wir haben die Lego-Sache ausgelassen und sind in Neapel nach Pompeji gegangen statt eine Aufgabe zu lösen. Wir fahren die Roadbook-Rallyes nicht auf Sieg, sondern weil es so toll ist und weil ein starker Freiheitsgedanke damit verbunden ist.
Christine: Für uns sind die Rallyes gemeinsame Ferien, wir wollen Abenteuer und Spass haben.
Welche Rallye fahrt ihr als Nächstes?
Martin: Eine Deutschland-Tour. Wir fahren von Hamburg durch den Osten Deutschlands bis nach München.
Interview: Gregor Szyndler