Das Müllauto fährt jetzt elektrisch
30.05.2025 OberwilMit der neuen Ausschreibung für die Grüngutentsorgung forderte die Gemeinde Oberwil CO2-neutrale Fahrzeuge. Die Entsorgungsfirma Anton Saxer bringt deshalb seit März ihren ersten Elektro-Laster zum Einsatz.
«Den Unterschied sehen Sie kaum; aber Sie hören ihn sofort», sagt Steve Saxer, Geschäftsführer der Prattler Recyclingfirma Anton Saxer. Die Firma gewann im vergangenen Jahr erneut die Ausschreibung der Gemeinde Oberwil für die Entsorgung des Grünguts. Diesmal gab es ein wichtiges neues Kriterium: Die Entsorgungsfahrzeuge müssen CO2-neutral fahren. Saxer konnte mit seinem ersten elektronischen Müllauto punkten: Seit März ist der weisse Laster in Oberwil unterwegs, ausserdem in Bottmingen und Therwil.
«Im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung für die Abfallsammlungen im vergangenen Jahr legte die Gemeinde besonderen Wert auf klimafreundliche Lösungen», sagt Katharina Lindenmann, im Tiefbauamt der Gemeinde verantwortlich für Umwelt und Energie: «Ein zentrales Kriterium war die Reduktion von CO2-Emissionen – auch seitens der beauftragten Dienstleister.» Oberwil wolle damit sicherstellen, dass nicht nur die Entsorgung des Grünguts, sondern auch dessen Abholung umweltgerecht erfolge und «ein klares Zeichen setzen für mehr Klimaschutz und eine nachhaltige kommunale Entsorgungspolitik».
400 grüne Tonnen werden abgeholt
Rund 400 grüne Tonnen leert das neue Elektro-Müllauto jeden Donnerstag in Oberwil; dafür muss es je nach Jahreszeit eine bis zwei Touren fahren. Im Sommer und Herbst, wenn es viel Laub und Grünschnitt gibt, können so 30 Tonnen Gewicht zusammenkommen. Die Abfallmischung aus Biomüll und Grünschnitt wird zur Gärungsanlage in Pratteln gebracht.
Wie Saxer sagt, lässt sich der Mercedes-Elektrolaster bis auf einen aufgemalten grünen Stecker mit der Aufschrift «fährt 100% elektrisch» optisch nicht von seinen Diesel-Kollegen unterscheiden: «Wir müssen ihn nur abends an die Steckdose anschliessen: Wenn die Ladesäule grün blinkt, ist alles gut.» Auffällig ist aber das Geräusch, dass das über 20 Tonnen schwere Elektrofahrzeug eben nicht macht: Im Gegensatz zu den Diesel-Kollegen hört man keinen Motor. Einziger Nachteil: «Die Containerleerung wirkt nun lauter.»
Perfekt für eine Stop-and-Go-Fahrweise
Das Elektrofahrzeug habe kein Getriebe, erklärt Saxer; über kurze Distanzen fahre es nur mit dem Gaspedal: «Das bedeutet so gut wie keinen Bremsverschleiss und ist ideal für die Fahrweise einer Kehrichtabfuhr, die alle fünf Meter anhalten muss.» Rolle das Fahrzeug, gewinne es sogar Strom zurück. Ein Dieselfahrzeug brauche für dieselben Bewegungen zwei bis drei Schaltungen. Saxer sagt, er schicke seine rund 40 Chauffeure regelmässig in zertifizierte «Ecodrive-Kurse»: «Die sind sehr beliebt.» Dort lernten die Chauffeure effizientes Fahren, was bei den Dieselfahrzeugen eine Einsparung bis zu vier Liter pro 100 Kilometer bedeute. Dieses Zertifikat werde von vielen Gemeinden in der Ausschreibung verlangt.
In 46 Gemeinden im Baselbiet und im Fricktal ist die Anton Saxer AG derzeit Vertragspartnerin für die Kehrichtabfuhr. Von den 24 Müllautos werden vier mit Biogas angetrieben, eines bisher elektrisch. Mit drei Fahrzeugen hat Saxer den Aufbau seiner elektrischen Flotte begonnen: Das zweite, ein Volvo, wird in wenigen Wochen geliefert; das dritte ist bestellt, wird aber noch mindestens ein Jahr bis zur Lieferung brauchen. Laut Saxer leidet die Lieferkette für die Elektrobestandteile noch immer unter den Coronanachwirkungen.
Strom kommt von Fotovoltaik
Saxer hat auf dem Recyclinghof seiner Firma im Prattler Götzisboden sechs Ladesäulen angebracht. Der Strom produziert die zeitgleich errichtete, 4000 Quadratmeter grosse Fotovoltaikanlage auf dem Dach der Unterstellhalle; sie hat laut Saxer einen Peak von 400 Kilowattstunden. Mit einer Erweiterung der Elektroflotte will Saxer noch den technischen Fortschritt und grössere Batteriekapazitäten abwarten. Bisher verbrauche das vorhandene Fahrzeug für die Tagestour durch Oberwil 60 Prozent des Akkus. «Das ist natürlich völlig ausreichend», sagt Saxer, «heisst aber dennoch, dass wir täglich laden müssen.» Eine volle Ladung dauere sechs Stunden. Saxer hofft auf eine Zukunft, in der die Ladung nur noch alle drei Tage nötig sei.
Auch Biogas-Fahrzeuge in der Flotte
Für eine CO2-neutrale Flotte setzt Saxer auch auf Biogasfahrzeuge. Die Infrastruktur im Kanton sei dafür vorhanden, vor allem im Birstal. Ein Elektrolaster koste heute noch das Doppelte eines Diesellasters, ein Fahrzeug mit Biogas rund 20 Prozent mehr als der Diesel. Immer mehr Gemeinden machten aber CO2-neutrale Fahrzeuge zur Bedingung, sagt Saxer. In Ettingen hole seine Firma den Biomüll mit einem Biogas-Fahrzeug ab.
Potenzial für die Elektrofahrzeuge sieht Saxer dennoch: «In den Verträgen gibt es gewöhnlich die Klausel, dass eine technische Verbesserung immer zulässig ist.» Tatsächlich kündigt Lindemann in Oberwil auch für die Kehrichtsammlung mehr Ökologie an: «Spätestens ab dem Jahr 2027 müssen sämtliche eingesetzten Fahrzeuge mit CO2-neutralem Antrieb unterwegs sein.»
Boris Burkhardt