Das Ringen um die Deutungshoheit

  06.03.2025

Liebe Leserinnen und Leser
Der Mensch neigt dazu, Dinge zu tun, die ihm eigentlich gar nicht guttun. Sei es nun, dass er ungesichert überhängende Felswände hochklettert oder eine Familienpackung Chips mit ein paar Dosen Supermarktbier hinunterspült. Und er weiss in beiden Fällen: Das kann längerfristig ins Auge gehen. Nur interessiert ihn das in der Regel nicht. Denn erstens hat der Mensch einen guten Verdrängungsreflex und zweitens macht ihm das Spiel mit dem Feuer ja auch Spass, sonst würde er es nicht tun.

Nun, bei den Felswänden können Sie mich gerne haben. Spätestens bei einer theoretischen Fallhöhe von drei Metern ist bei mir das Ende der Fahnenstange erreicht. Und was die Chips angeht, so habe ich mich in der Regel im Griff und trinke das billige Bier eben ohne Chips.

Bei anderen Dingen ist es schwieriger. Zum Beispiel bei den Online-Kommentaren in Zeitungen. Wohlbemerkt, damit meine ich nicht die überlegten und ausformulierten Leserbriefe, die Sie auch im BiBo lesen und die durchaus zur Meinungsbildung beitragen, sondern die rechthaberischen und diffamierenden Ergüsse von meist kläglichen Narzissten. Die Onlinespalten sind voll davon! Als dies – dem Internet sei Dank – aufkam, war ich zunächst ganz begeistert davon, sog die Kommentare geradezu auf und bildete mir ein, so dem wahren Puls der Zeit auf die Schliche zu kommen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich ziemlich viel Zeit brauchte, um zu merken, dass mir das gar nicht guttat. Dass mich die allermeisten Kommentare nur aufregten und ich am liebsten zum Zweihänder gegriffen hätte. Stattdessen musste ich mich mit Chips und Bier trösten. Denn seien wir mal ehrlich: So ganz nüchtern lässt sich die Welt dieser Kommentare ja meistens nicht ertragen.

Etwas geholfen hat mir dann die Einsicht, dass es ja eigentlich immer die gleichen paar Dutzend Selbstdarsteller sind, die in den Kommentarspalten um die Deutungshoheit ringen. Und ganz gut geht’s mir übrigens, seit ich die, abgesehen von kleinen Rückfällen, gar nicht mehr lese! Das kann ich Ihnen nur empfehlen. Sie werden merken: Es fehlt Ihnen nichts dabei! Und wenn es Sie nach mehr oder weniger geistvollem Kurzfutter dürstet, lesen Sie doch einfach ein paar Schnitzelbänke. Jetzt ist schliesslich Zeit dafür. Auf den Oberwiler-Seiten widmen wir uns den lokalen Bänken. Ich wünsche Ihnen viel Spass dabei.

Stefan Fehlmann


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