Digitaler Fastenweg mit Frühlingsgefühlen

  17.04.2025 Ettingen

Die beiden Baselbieter Landeskirchen haben in Ettingen und weiteren fünf Gemeinden im Kanton eine digitale Schnitzeljagd zum Thema Fasten, Passion und Ostern eingerichtet, die vor allem Kinder und Familien ansprechen soll. Dabei spielt der erfahrbare Frühling eine Rolle.

Wenn man in der Frühlingssonne der vergangenen Tage vom Pfaffenholzweg in das Leimental hinunterblickt, mit dem sattgrünen Gras und den blühenden Kirschbäumen, mag es etwas schwerfallen, sich Jesus in der Wüste vorzustellen, von dem die Stimme aus dem Handylautsprecher erzählt. «Die Weite ist wie in einer Wüste», versucht Luca Pontillo einen Bezug herzustellen. Tatsächlich kann man hier den Blick weit schweifen lassen. «Der Weg führt zunächst aus dem Dorf hinaus, um zur Ruhe zu kommen», sagt Pontillo.

Der «Smartrail Fastenweg» in Ettingen, den Pontillo als Jugendbeauftragter der Katholischen Landeskirche massgeblich mitgestaltet hat, will beides verbinden: christliche Texte zur Fastenzeit und den Frühling als Vorboten des Osterfestes. Er funktioniert in Form einer digitalen Schnitzeljagd mit 15 Stationen, an denen jeweils eine Audiodatei freigeschaltet wird. Er führt von der katholischen Kirche über den Pfaffenholzweg zurück ins Dorf zum reformierten Kirchenzentrum Rekizet. Zielpublikum sind vor allem Kinder und Familien.

Der Fastenweg ist ein ökumenisches Projekt. Pontillo wird bei dieser Begehung mit dem BiBo begleitet von Michael Dolensek, dem Jugendbeauftragten der reformierten Landeskirche. Er war mitverantwortlich für die Programmierung. Es ist bereits das zweite Projekt dieser Art beider Landeskirchen nach dem «Smartrail Weihnachten», der während der Adventszeit in jeweils sechs Gemeinden im Baselbiet über 24 Stationen führte. «Smartrail» (offensichtlich ein Kofferwort aus «smart», schlau, clever, und «trail», Pfad, Spur) ist ein Produktname der Tourify GmbH aus Uebeschi bei Thun, die sich auf digitale Planung von Freizeitaktivitäten spezialisiert hat.

Einen Fastenweg, der noch bis Ostermontag begehbar ist, haben die beiden Landeskirchen in sechs ausgewählten Gemeinden des Baselbiets eingerichtet: neben Ettingen in Arlesheim, Binningen, Gelterkinden, Liestal und Pratteln. Die «Smartrails» beginnen stets an der katholischen Kirche im Ort und enden an der reformierten, im Fall von Ettingen am Gemeindezentrum. Die sechs Gemeinden sind möglichst gleichmässig im Kanton verteilt und andere als während der Weihnachtsversion.

Bei jeder Station macht es «Pling»
Die Teilnahme ist kostenlos, jederzeit möglich und benötigt keine App: Am Beginn wird der QR-Code auf einem der Werbeplakate an der Startkirche eingescannt, der auf die Homepage verlinkt. In Ettingen befindet sich der Startpunkt am Schaukasten unterhalb der Kirche. Auf einem digitalisierten Ortsplan in sehr grossem Massstab sind auf einer Strecke von 1,5 Kilometern nacheinander 15 Stellen markiert, an denen das Programm mit einem «Pling» signalisiert, dass die nächste Station erreicht ist und die Nutzer eine neue Audiodatei abspielen können. Der Standort der jeweils nächsten Station wird immer erst angezeigt, wenn man den vorherigen erreicht hat.

Die Audiodateien enthalten Texte, die verschiedene Aspekte der Fastenzeit aufgreifen, beginnend mit dem Aschermittwoch: Verzicht, bewusstes Beten, Umkehr und Versöhnung, wie erwähnt Jesu 40 Tage in der Wüste, Almosen, Unterstützung von Hilfsbedürftigen, die Hilfswerke der beiden Kirchen. Beim Thema Abendmahl geht der Text auch darauf ein, wie die Konfessionen seine Bedeutung unterschiedlich interpretieren. Gesprochen hat die Texte der Basler Schauspieler Renato Salvi auf Baseldeutsch.

Niederschwellige Texte und neue Sichtweisen
An drei Stationen gibt es zusätzlich ein Quiz mit wählbaren Antworten, etwa auf welchem Tier Jesus am Palmsonntag in Jerusalem einritt. Die Antworten müssen die Nutzer selbst wissen; sie werden nicht etwa im Text zuvor erwähnt. Die Texte sind bewusst niederschwellig gehalten und erklären christliche Geschichten und Bräuche während der Fastenzeit auch Menschen, die dieses Wissen nicht in der Kirche und im Religionsunterricht gelernt haben.

Aber auch praktizierende Christen sollen vom Fastenweg profitieren: «In dieser Frühlingsatmosphäre sind die Inhalte, über die wir sprechen, besser erfahrbar», sagt Pontillo. «Ich habe neue Dinge gelernt», begeistert sich Dolensek: «Die Interpretation des Betens etwa hat mir eine ganze anderer Sichtweise beigebracht.» Auf dem Weg das Schaiengässli hinunter bietet sich erneut ein Panoramablick auf das Dorf und das Birsigtal bis zum Rhein. Dann wird es an der vielbefahrenen Haupt- und Hofstettenstrasse etwas laut und ungemütlich, bevor der Weg wieder in den Mühlegarten abbiegt. «Dass auch befahrene Abschnitte einfliessen, liegt im zentralen Wesen von kirchlichen Institutionen», erklären Pontillo und Dolensek.

Nächster «Smartrail» ist bereits in Planung
Bisher wurden die «Smartrails Fastenwege» in den sechs Gemeinden rund 60-mal begangen. «Ob es sich dabei um einzelne Spaziergänger handelt oder um ganze Gruppen, können wir nicht eruieren», sagt Pontillo. Das Team plant bereits eine nächste digitale Schnitzeljagd in nochmals anderen Gemeinden – ob bereits zu Pfingsten oder später zu Allerheiligen, steht noch nicht fest. Auf jeden Fall will Pontillo bei einer dritten Version die Ortskenntnisse in den Pfarreien vor Ort stärker mit einbeziehen, um den Weg auszusuchen.

Gegen Ende des Fastenwegs streben die Themen auch inhaltlich dem Osterfest entgegen: Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag und schliesslich das Osterfest und die Auferstehung als zentraler Glaubenssatz der Christenheit. An dieser letzten Station vor dem Rekizet ist als einzige der Text mit einem Video hinterlegt.
Boris Burkhardt


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