Ein Ettinger sagt dem Foodwaste den Kampf an
23.01.2025 EttingenDer junge Koch Daniele D’Aurelio setzt sich dafür ein, Foodwaste zu vermeiden. Auf seiner Website gibt er kreative Tipps, wie man aus Resten feine Mahlzeiten zaubern kann.
In einer Welt, in der es den meisten Menschen zunehmend besser geht, entsteht paradoxerweise auch immer mehr Abfall – und das betrifft insbesondere unsere Lebensmittel. Laut dem Bundesamt für Umwelt landen in der Schweiz jährlich rund 2,8 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, anstatt in unseren Mägen zu gelangen. Umgerechnet bedeutet das für jede Person in der Schweiz etwa 330 Kilogramm an vermeidbaren Lebensmittelabfällen pro Jahr. Besonders bedenklich ist, dass der grösste Teil dieser Verschwendung in Privathaushalten stattfindet. Rund 40 Prozent der Lebensmittelabfälle entstehen in den eigenen vier Wänden. Der Rest geht entlang der gesamten Wertschöpfungskette verloren – sei es auf den Feldern, in der Verarbeitung oder im Detailhandel.
Genau diese Verschwendung im Haushalt ist für Daniele D’Aurelio ein Ärgernis. Der junge Koch aus Ettingen hat seine Lehre im renommierten Bottminger Schloss absolviert und dort nicht nur das Handwerk des Kochens, sondern auch die hohe Kunst der gastronomischen Wertschätzung erlernt. Essen bedeutet für ihn mehr als nur Nahrung – es ist ein Kulturgut, das in seinen Augen gepflegt und respektiert werden muss. Lachend sagt er: «Ich esse alles und gerne.» Kein Wunder, denn seine süditalienischen Wurzeln haben ihm von klein auf eine ganz besondere Wertschätzung für gutes Essen vermittelt. «Wenn ich bei meiner Nonna in Lecce zu Besuch war, fand ich es immer faszinierend, was sie in der Küche zauberte», erzählt er. Doch neben den kulinarischen Genüssen, die ihn begeisterten, fiel ihm auch die sparsame, fast schon pragmatische Art auf, mit Lebensmitteln umzugehen. «In Süditalien ist das Leben oft hart, viele Menschen haben wenig. Entsprechend wird kein Essen verschwendet – aus allem wird noch etwas gekocht.»
Viel Geld im Abfall
Diese Haltung steht im starken Kontrast zu der weit verbreiteten Verschwendung von Lebensmitteln in unseren Breitengraden, wo das Wegwerfen von Nahrungsmitteln, oder wie man es heute nennt, Foodwaste, ein alltägliches Problem darstellt. Im Schnitt wirft jeder von uns jährlich mehr als 100 Kilogramm Lebensmittel in den Abfall – eine erschreckende Zahl, die nicht nur ethisch bedenklich ist, sondern auch ganz konkrete finanzielle Folgen hat. Daniele D’Aurelio weiss aus eigener Erfahrung, wie schnell sich diese Verluste summieren können: «Da kommen schnell Hunderte von Franken zusammen, die ungesehen im Abfall oder bestenfalls im Kompost landen.»
Warum es zu dieser Verschwendung kommt, hat viele Gründe, aber einer der wichtigsten ist laut D’Aurelio das fehlende Bewusstsein und die Kreativität im Umgang mit Resten. «Viele haben Reste zu Hause, aber sie wissen nicht, wie sie diese weiterverwerten können. Statt die übrig gebliebenen Lebensmittel sinnvoll zu nutzen, kaufen sie einfach neue Zutaten und kochen etwas anderes. Die Reste bleiben dann oft im Kühlschrank liegen und landen irgendwann im Müll.» Das ist eine verlorene Gelegenheit, sagt er, denn aus den meisten Lebensmitteln lässt sich noch viel herausholen – man muss nur wissen, wie.
Gefragte Kreativität
An diesem Punkt setzte D’Aurelio an und entwickelte die Idee, seine Kreativität und sein Wissen im Bereich der Lebensmittelverwertung in den Dienst der Foodwaste-Bekämpfung zu stellen. Zusammen mit seinem Bruder entwickelte er eine Website, auf der er persönliche Beratungen zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung anbietet. Der junge Koch nutzt diese Plattform, um Menschen zu zeigen, wie sie mit einfachen Mitteln und kreativen Ideen aus ihren Resten vollwertige, abwechslungsreiche Mahlzeiten zaubern können. Um sich die Zeit für diese Beratungen zu ermöglichen, arbeitet er weiterhin als Koch – jedoch nur noch in ausgesuchten Einsätzen, da seine Beratungsdienste nicht immer kostendeckend sind.
Was man alles aus Lebensmittelresten machen kann, ist wirklich beeindruckend. «Man kann sogar aus übrig gebliebenem Reis ein feines Schokoladen-Mousse zaubern», erklärt D’Aurelio und zeigt damit, dass es keine Grenzen für die Fantasie gibt, wenn es um die kreative Resteverwertung geht. Aber seine Beratung geht weit über Rezeptideen hinaus. D’Aurelio hilft seinen Kunden auch dabei, ihren Einkauf und die Lagerung von Lebensmitteln zu optimieren. «Die richtige Lagerung von Resten ist ein wichtiger Aspekt», sagt er. «Wenn Reste sauber und luftdicht verpackt im Kühlschrank aufbewahrt werden, bleiben sie länger frisch und werden nicht vergessen. So kann man sicherstellen, dass sie rechtzeitig verarbeitet werden, bevor sie schlecht werden.» Er arbeitet sogar an einem praktischen System zur Beschriftung von Resten, mit dem man sie nach Datum sortieren kann. «Ich überlege, ob man hier etwas mit Clips machen könnte, um das Ganze noch einfacher und übersichtlicher zu gestalten.»
Ein weiteres Highlight auf seiner Website sind die regelmässig veröffentlichten Rezepte, die D’Aurelio eigens entwickelt hat. «Jede Woche stelle ich zwei neue Rezepte vor. Das zweite Rezept ist immer eine kreative Idee, was man mit den Resten aus dem ersten Gericht machen kann», erklärt er. «Dabei geht es nicht um das klassische ‹Aufgewärmte vom Vortag›, sondern um neue, feine Gerichte, die aus den Resten entstehen können.»
D’Aurelio ist überzeugt, dass jeder Haushalt mit ein wenig Wissen und Planung dazu beitragen kann, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Es geht nicht nur darum, Reste kreativ zu verwerten, sondern auch darum, die richtigen Kaufentscheidungen zu treffen und bewusst mit Lebensmitteln umzugehen. Für ihn ist das eine Frage des Respekts – gegenüber den Nahrungsmitteln und dem Portemonnaie. «Wenn wir lernen, unsere Lebensmittel besser zu schätzen, können wir viel dazu beitragen, die Verschwendung zu reduzieren und gleichzeitig unsere Umwelt zu entlasten.»
Stefan Fehlmann
Weitere Informationen gibts unter: www.yourfoodwaste.com