Grenzsteine und gute Gespräche
05.06.2025Ein alter Brauch lebt – und er wandelt sich. Der Banntag, früher ein Grenzgang mit klarem Zweck, ist heute ein Fest der Begegnung. In Bottmingen und Ettingen sah man es an Auffahrt wieder deutlich: Es geht nicht mehr darum, Grenzsteine zu kontrollieren – sondern um das, was zwischen diesen Steinen liegt. Um Gemeinschaft.
In Bottmingen beginnt der Bannumgang erst am Nachmittag, dennoch strömen Hunderte auf den Weg. Einheimische, Zugezogene, Exil-Basler und viele mehr – sie alle finden sich ein. Und während in anderen Orten noch der Regen tropfte, zeigte sich Bottmingen bei Sonnenschein von seiner gastfreundlichsten Seite: mit offenen Gesprächen, lachenden Gesichtern und voller Bänke im Festzelt. Auch in Ettingen dasselbe Bild – oder besser gesagt: dasselbe Gefühl. Wer sich früh auf den Weg Richtung Blauen machte, brauchte gute Schuhe und etwas Humor. «Wenn du fällst, lande ich weich», sagt eine Stimme aus dem Gedränge auf dem Felsentorweg. Solche Sätze bleiben hängen – mehr als die Grenzsteine, an denen man heute oft achtlos vorbeigeht.
Denn die Grenze, die diese Anlässe heute noch markieren, ist eine andere: die zwischen dem Alltag und einem Tag des bewussten Innehaltens. In Bottmingen übernimmt jedes Jahr ein anderer Verein die Festwirtschaft, in Ettingen werden zum Apéro im Wald sogar Stangen zum Grillieren verschenkt. Es sind Details wie diese, die zeigen, wie viel Herzblut und Gemeinsinn in diesen Anlässen steckt. Und wie zerbrechlich das alles ist. Wenn sich, wie dieses Jahr in Bottmingen, kein Verein mehr für die Bundesfeier findet, dann zeigt das: Solche Tage gibt es nur, wenn jemand anpackt.
Der Banntag ist kein Pflichttermin mehr – aber ein Privileg. Eine Einladung an Jung und Alt, miteinander unterwegs zu sein. Möge sie weiterhin angenommen werden. Denn wer gemeinsam unterwegs ist, bleibt sich nicht fremd. Und was könnte für eine Gemeinde wichtiger sein als das?
Neben traditionellen Wegen öffnen sich in dieser Ausgabe auch andere Horizonte: In Oberwil steht mit der Photo Basel die Kunst im Fokus, und in Therwil lud das Europäische Jugendchor Festival zu musikalischen Landschaftsreisen durch Europa ein. Viel Spass beim Lesen!
Stephan Rüdisühli