Gutes zu tun ist nicht immer ganz einfach …
30.01.2025Liebe Leserinnen und Leser
Können Sie gut Nein sagen? Ich hoffe doch für Sie. Stets Ja zu sagen, jeder Bitte nachzugeben und sein letztes Hemd wegzugeben, ist zwar eine gute Sache – auszahlen tut sich das allerdings nicht immer. Muss es ja auch nicht. Oft gibt es einem ja ein gutes Gefühl, wieder einmal so richtig nett gewesen zu sein zu seinen Mitmenschen.
Nur: Dummerweise fängt es bei mir im Alter mit dem Gutmenschentum an zu hapern. Früher konnte ich locker mit meinem sauer vom Mund abgesparten Fünfliber in die Stadt ziehen, um mir ein Bier zu gönnen. Aber natürlich kam ich selten bis zur Beiz, weil mir auf dem Weg dorthin meistens jemand die Hand entgegenstreckte und etwas von einer Notschlafstelle murmelte – und der Fünfliber sogleich die Hand wechselte. Ich habe mir dann jeweils eingeredet, dass ein Glas Hahnenwasser zu Hause ja gar nicht so schlecht wäre. Immerhin würde ich ja ein Zuhause haben. Während der andere wohl in der Beiz genüsslich MEIN Bier schlürfte. Das passiert mir heute allerdings nicht mehr. Im Gegenteil: Ich finde, dafür, dass zum Beispiel dieses Editorial jede Woche pünktlich in der Druckerei landet, habe ich sogar zwei Bier verdient!
Ähnlich verhielt es sich übrigens auch im Tram. Auch wenn ich längst der Erste an der Station war, liess ich jeweils mit nonchalanter Geste allen anderen den Vortritt beim Einsteigen. Dass ich über Jahre und Jahrzehnte gar nicht wusste, wie sich so eine Sitzgelegenheit im Tram anfühlt, versteht sich von selbst. Das passiert mir allerdings auch heute noch, aber nicht mehr immer. Manchmal positioniere ich mich beim Einsteigen strategisch so, dass mir ein Sitzplatz zufallen muss. Manchmal ist mir dieser Kampf aber auch zu blöd – ich habe ja zwei gesunde Beine.
Was mir aber garantiert nie mehr passiert: Dass ich beim Arzt die Frage, ob die auszubildende Assistentin mir zu Übungszwecken Blut abnehmen darf, mit Ja beantworte. Aber was hätte ich damals auch sagen sollen? Nein? Ich war zwar 18 Jahre alt, stark und cool, und sie war bildhübsch. Bis ich dann allerdings auf eigenen Beinen die Praxis wieder verlassen konnte, hat es Stunden gedauert …
Deshalb bin ich letzte Woche auch nicht nach Therwil zum Blutspenden gegangen, obwohl ich das eigentlich sehr wichtig finde. Aber mein Kollege Alan Heckel war für mich dort und berichtet darüber, warum jede Spende höchst willkommen ist. Aber lesen Sie selbst – ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit dem BiBo.
Stefan Fehlmann