Jedes zehnte Ei wird mit dem Hut gefangen

  02.05.2025 Bottmingen

Bottmingens Eierläse wird nicht nur ohne -t gesprochen, sondern hat auch sonst einige Besonderheiten: etwa der doppelte Lauf durchs Dorf, das Auffangen mit dem Strohhut und das spontan zusammengestellte Publikumsteam. Das Eierfest nach Ostern ist fest im Dorf verankert.

Noémie Blättler, Linus Bosshart und Matthias Thomma müssen auf Nachfrage kurz überlegen, wie ihr Team heisst. Verkleidet sind sie als Räuber und Polizist; und diesen Namen übernehmen sie dann auch. Gemeinsam mit den beiden anderen Teams bereiten sie sich in einem Lagerraum des Werkhofs vor auf ihren Auftritt beim diesjährigen Eierläse; noch wissen sie natürlich nicht, dass sie den Wettkampf der Aktiven gewinnen werden.

Dazu müssen sie wie in den übrigen Leimentaler Dörfern, in denen sich dieser neuzeitliche Rest des keltischen Fruchtbarkeits- und Frühlingsfestes Ostara erhalten hat (daher die vielen Eier!), ein Ei nach dem anderen, 110 insgesamt, von den Sägemehlhäuflein auf der Therwilerstrasse auflesen und ihrem Teamkameraden zuwerfen, der sie in einem grossen, flachen, mit Spreu gefüllten Korb aufzufangen versucht.

Zwei Laufrunden durchs Dorf
Eine Bottminger Spezialität sind allerdings die Läufe, die die beiden Werfer nacheinander absolvieren müssen: Die blaue Route führt 1,2 Kilometer über die Bachstrasse, am Schulhaus und am Schloss vorbei, die rote 1,6 Kilometer über die Schlossgasse, Blauenstrasse und Rittergasse. Auch dieser Brauch ist eine schwache Erinnerung an den einstigen Bannumlauf zur Segnung der Felder.

Im 21. Jahrhundert werden die Läufer von Velofahrern begleitet, die einerseits Wasser transportieren, andererseits darauf achten, dass die Strecke eingehalten wird. Ist der zweite Lauf beendet, dürfen beide Eierleser gleichzeitig aktiv sein.

Neben den «Räubern und Polizisten» lesen, werfen, fangen und rennen dieses Jahr Vivien Altmeyer, Tobias Hollinger und Anouk Schöni als Team «Bienli» in gelb-schwarzen Kostümen inklusive Flügel sowie Florin Schöni, Jan Locher und Jenny Morgenthaler als Team «Baywatch» in Badekleidung (die sie über Sportkleidung tragen). In Bottmingen werden die Fänger mit den Wannen in einer eigenwilligen Mischung aus Deutsch und Französisch als «Wanniers» bezeichnet (gesprochen: «Wannjee»). Ein weiterer Gag in Bottmingen, der vor zehn Jahren eingeführt wurde: Jedes zehnte Ei, das wie anderswo farbig und gekocht ist, müssen die Wanniers mit ihrem Strohhut fangen.

Bewusst sportliche Veranstaltung
Das Eierläse in Bottmingen (hier ohne -t am Wortende) wird seit bald 100 Jahren vom TV Bottmingen organisiert. Die Teilnehmer der ersten Runde sind stets neun Sportler des Vereins, erklärt Vizepräsident Samuel Mathis. Gebe es mehr Interessenten, verzichteten die Älteren zugunsten der Jüngeren. Die Teams würden ausgelost.

«Es soll ein bewusst sportlicher Wettkampf für den TV sein», sagt Mathis. Gleichzeitig sei es wirklich das Dorf, das hinter der Veranstaltung stehe und dabei sei: «Wir bekommen die Hauptverkehrsstrasse gesperrt. Wir haben viele lokale Sponsoren gefunden. Der Gemeinderat ist hier.» Die Verwurzelung im Dorf beweist auch Tobias Renz. Er ist zwar auch TV-Mitglied, vor allem aber Gemeinderat, und feuert als Moderator am Mikrofon das Publikum an: «Das ist eine tolle Leistung der Eierleser bei diesem warmen Wetter: Sie haben euren Applaus verdient!»

Publikums-Plauschteam gewinnt
In der zweiten Runde starten die Eierleser der Jugendriege des TV: Sie sind bis 13 Jahre alt und treten in Stafetten an. Die Plauschrunde bestreiten dieses Jahr die gemischte Mannschaft aus Männerund Damenriege, der Musikverein und die Feuerwehr sowie ein spontanes Team aus dem Publikum. Hier entstand eine weitere Bottminger Spezialität aus der Verlegenheit heraus. «Im vergangenen Jahr fiel eine Mannschaft kurzfristig aus, sodass wir das Publikum fragten, wer mitmachen wolle», erklärt Mathis: «Das kam so toll an, dass wir es dieses Jahr wieder versuchen.» Mit viel Teamgeist und guter Laune erkämpfte sich das Publikumsteam prompt den ersten Platz.

Bewirtet wurden die zahlreichen Besucher vom TV mit Eierspezialitäten wie Omelettes, Rührei, Spiegelei und Eierbrötchen. Die übrig gebliebenen Eier vom Wettkampf werden an die Vereine verteilt.

Boris Burkhardt


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