Jodler wollen weg vom Gärtchendenken
03.10.2024 OberwilUm die kriselnde Tradition zu erhalten, machen Jodler aus Oberwil und Duggingen gemeinsame Sache. Der Jodelklub Oberwil löste sich im vergangenen März auf.
Jedem Dorf sein Jodelchörli. So galt es für viele Jahrzehnte. Auch im Leimental verfügten einst mehrere Gemeinden über einen eigenen Jodlerklub. Das ist längst Geschichte. Die Vereine litten schon weit vor Corona an einer Überalterung des Mitgliederbestandes. Die Mitgliederzahlen gingen laufend zurück. So auch beim Jodlerklub Oberwil. Im vergangenen März wurde deshalb die Reissleine gezogen und der Verein an der Generalversammlung aufgelöst. Nur noch drei Personen sangen aktiv mit. Viel zu wenig, um alle Stimmen besetzen zu können. Bereits in den Jahren zuvor wurde der Jodlerklub Oberwil vom Jodlerklub «mis Chörli» aus Duggingen unterstützt, um die Auftritte trotz Mitgliederschwund durchführen zu können.
Zu den drei verbliebenen Jodlern in Oberwil gehörte Ueli Märki. Der Landwirt möchte den Jodel in Oberwil nicht aussterben lassen. Deshalb engagiert er sich gemeinsam mit Hans-Peter Banga, dem Chorleiter des Dugginger Jodlerklubs «mis Chörli», für ein festes Zusammenkommen der Oberwiler mit den Dugginger Jodlerinnen und Jodlern. Nachdem die Zusammenarbeit in den Vorjahren mehr ein Aushelfen vonseiten Duggingen war, möchten die beiden Jodler aus ehemals zwei Vereinen einen machen.
Potenzial in Oberwil noch da
Der neue Verein heisst vorerst «Jodlerklub mis Chörli Duggingen-Oberwil». Er sei offen für eine Anpassung des Namens, wenn der neue Verein ins Laufen kommt, sagt Hans-Peter Banga. Den ersten offiziellen Aufritt unter dem neuen Namen hatte der Chor am 1. August in Oberwil. Der Vortrag sei sehr gut angekommen, berichten Banga und Märki zufrieden. Weitere Auftritte in Oberwil folgen am 20. Oktober in der Wehrlinhalle mit dem Gratulationskonzert und am 3. November mit der Totenehrung auf dem Friedhof. Am 14. September präsentierten sich die Jodlerinnen und Jodler verstärkt mit zwei Jodlerinnen aus dem Aaretal am Markt in Duggingen. «Wir wollen präsent sein und den Menschen in Erinnerung rufen, dass es uns noch gibt», verrät Hans-Peter Banga.
Banga sang in den 1980er-Jahren auch schon beim Jodlerklub Oberwil und kennt das Leimental bestens. Mit diversen Engagements und prämierten Auftritten hat sich Banga in der Schweizer Jodelszene längst einen Namen gemacht. Nun möchte er das Jodeln in Oberwil retten. «Ich bin überzeugt davon, dass es in Oberwil noch immer grosses Potenzial fürs Jodeln gibt.» Das sieht auch Ueli Märki so. «Es gibt noch immer Leute in Oberwil, die Freude am Gesang und am Jodel haben.» Er wolle die noch immer vorhandene Begeisterung für den Jodel nicht aufgeben, stellt Ueli Märki klar. Dass er in Oberwil aktuell ein Einzelkämpfer ist, entmutigt den leidenschaftlichen Jodler nicht. «Wir wollen versuchen, den im März aufgelösten Jodlerklub wieder zum Leben zu erwecken.» Dafür brauche es neue Sängerinnen und Sänger. «Ich glaube an diese Chance, wir müssen sie nur packen», meint Märki optimistisch.
Für Ueli Märki und Hans-Peter Banga ist klar, dass zwischen dem Ende des Jodlerklubs Oberwil und der Neugründung des zusammengelegten Vereins nicht zu viel Zeit vergehen darf, damit das Jodeln in Oberwil nicht in Vergessenheit gerät. Deshalb haben sie schnellstmöglich Nägel mit Köpfen gemacht. Der Wiederaufbau brauche seine Zeit, sind sich beide bewusst.
Engstirnigkeit ablegen
Hans-Peter Banga erinnert daran, dass auch andere Jodlerklubs im Leimental mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen haben. Er kann sich deshalb langfristig vorstellen, dass sich durchs ganze Tal und darüber hinaus Jodlerinnen und Jodler zusammentun. Die eigene Identität der eigenen Dörfer müsse man deshalb nicht aufgeben, versichert Banga. «Doch wir müssen im Jodeln mit dem sturen Gärtchendenken aufhören. Sonst gibt es dann irgendwann gar kein Jodeln mehr.» Die bei Jodlerinnen und Jodlern teilweise vorhandene Engstirnigkeit müsse abgelegt werden. Auch Ueli Märki fordert, dass man beim Jodel über die Dorfgrenzen hinaus schaut und regional denkt. Zahlen belegen die Dringlichkeit einer Öffnung über die Dorfgrenzen hinaus. Waren 2011 noch 135 Chöre Teil des Nordwestschweizer Jodlerverbands, seien es aktuell noch knapp 90 Chöre.
«Mis Chörli» probt einmal im Monat im Probelokal der Musikschule unterhalb der Postfiliale in Oberwil, drei Mal in Duggingen. Ziel sei es, dass mit einem ausgeglichenen Mitgliederbestand je zwei Mal in Oberwil und Duggingen geprobt werden kann. Aktuell ist Ueli Märki noch der einzige Oberwiler im neu gegründeten Chor. «Wir sind für alle offen, auch für Anfängerinnen und Anfänger. Es gibt für jede und jeden Platz und eine Stimme im Chor.» Was alle mitbringen müssen, sei die Freude am Singen, frohlockt Hans-Peter Banga. Das Motto des neuen Chors lautet entsprechend: «Voruse – mitenand singe». Ueli Märki schwärmt: «Es ist einfach eine so schöne Sache, wenn man zusammen singen kann.»
Tobias Gfeller