Ludothek Oberwil – spielerisch, analog und nachhaltig

  23.01.2025 Oberwil

1129 Spiele aller Art sind in der Ludothek Oberwil auszuleihen. Ein achtköpfiges Team kümmert sich darum, dass der Bestand stets vielfältig und aktuell bleibt.

«Natürlich ist Spielen ein Zeitvertreib. Aber es ist zugleich mehr», sagt Yasmin Weber, Präsidentin des Vereins Ludothek Oberwil, der die Spielausleihe an der Bahnhofstrasse 6, gleich bei der Tramhaltestelle «Oberwil Zentrum», betreibt. Für sie ist der gesellschaftliche Aspekt des gemeinsamen Spielens nicht hoch genug zu werten: «Statt, dass jeder hinter seinem Tablet oder hinter seinem Smartphone sitzt, spielt man gemeinsam, ist miteinander in direktem Kontakt, fasst das Spiel mit den Händen an. Diese taktile Erfahrung ist gerade in der heutigen Zeit enorm wichtig.» Zudem erlernten Kinder auf eine spielerische Weise grundlegende Kompetenzen – wer viel mit dem Würfel hantiert, lernt einfache Rechenaufgaben so nebenbei. Auch die Sozialkompetenz werde über Gesellschaftsspiele verfeinert – Niederlagen einstecken oder dem Spielpartner den Sieg ehrlich gönnen gehören zu den Grundkompetenzen des Spiels. «Wir haben aber auch viele Spiele, die sich für Erwachsene, etwa als Familienspiel, eignen.» Überhaupt wirbt die Ludothek dafür, dass Spielen auch für Erwachsene eine interessante Beschäftigung ist. So ist auf deren Homepage etwa ein Zitat des in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebenden irischen Politikers und Satirikers Bernard Shaw zu lesen: «Wir hören nicht auf zu spielen, weil wir alt werden, wir werden alt, weil wir aufhören zu spielen.» 1129 Spiele sind in der Ludothek Oberwil auszuleihen, der Raum ist prall gefüllt mit Spielen aller Art. «Wir sind langsam an der Kapazitätsgrenze», sagt Yasmin Weber lachend. Besonders beliebt seien Playmobil, Rollenspiele oder Paw Patrol-Figuren.

Ausleihen statt entsorgen
Acht Mitarbeiterinnen – es sind alles Frauen – sind zu jeweils kleinen Pensen in der Ludothek Oberwil beschäftigt. Dabei sind diese nicht einfach Hüterinnen des Bestandes, sondern erneuern und bauen das Sortiment stets aus. Die Ludothek Oberwil ist dem Verband der Schweizer Ludotheken angeschlossen, der in regelmässigen Abstanden über Neuheiten in der Spielwelt informiert und auch Spielschulungen organsiert. Für Yasmin Weber ist es eine sinnstiftende Arbeit, aber: «Es wird zunehmend schwierig, Mitarbeitende zu finden», sagt die 58-Jährige. «Viele, die berufstätig sind, wollen sich nicht noch zusätzlich engagieren», vermutet sie, die seit 2001 beim Team dabei ist. Als ihre Tochter zur Welt kam, gab sie ihren ursprünglichen Beruf auf. «Ich suchte eine Arbeit, die sich gut ins Familienleben integrieren liess. Da hat sich die Ludothek angeboten.» Seit 2007 ist sie Präsidentin des Vereins, der mit der Gemeinde eine Leistungsvereinbarung hat und mit einem jährlichen Betrag unterstützt wird. Immer mal wieder gibt es in Zeitungen Berichte über Ludotheken zu lesen, die ums Überleben kämpfen – einerseits, weil es schwierig ist, Mitarbeitende zu finden oder die finanzielle Unterstützung fehlt, andererseits weil das Smartphone und andere digitale Geräte dem klassischen Spiel Konkurrenz machen. Dem steht aber entgegen, dass Gesellschaftsspiele nach wie vor zu den beliebtesten Weihnachtsgeschenken gehören. Allerdings werden solche geschenkten Spiele nicht selten wieder entsorgt oder bleiben irgendwo in einem Keller liegen. «Hier treten wir als Ludothek für Nachhaltigkeit ein. Durch die Ausleihe wird ein Spiel bei uns mehrmals verwendet und hat ein langes Leben.»

Sortiment online
Gegründet wurde die Ludothek Oberwil 1979, seit Frühling 2001 befindet sie sich an prominenter Lage an der Bahnhofstrasse, gemeinsam mit der Gemeindebibliothek, der Kleiderbörse, der Elternberatung und der Fachstelle für Tagesfamilien. «Als ich 2001 anfing, haben wir noch mit Karteikarten und Stempeln gearbeitet. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen», erzählt Yasmin Weber. Seit 2017 verfügt die Ludothek über eine moderne Homepage, auf der das ganze Sortiment abrufbar ist. Für ein Abo von 50 Franken im Jahr können zwei Spiele auf einmal, für eines von 80 Franken jährlich vier Spiele auf einmal ausgeliehen werden. Das Team ist darum besorgt, dass sich die Spiele immer in einem guten Zustand befinden. «Wir haben aber auch mehrheitlich eine gute Kundschaft, die zu den Spielen Sorge trägt», sagt Weber. Jedes Jahr organisiert das Team einen Spielanlass, bei dem Interessierte in die Welt des Spiels eintauchen können.

Caspar Reimer


Weitere Informationen finden Sie auf der Homepage unter: www.ludothek-oberwil.ch


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