«Merci Bus»: Nostalgie und Gratisbrezel
02.05.2025 EttingenDer «Merci Bus», den die Migros anlässlich ihres 100-Jahr-Jubiläums auf Schweizer Tournee geschickt hat, machte einen Besuch im Guggerdorf. Der Andrang war riesig.
Am vergangenen Freitagnachmittag machten sich Scharen von Ettingerinnen und Ettingern auf den Weg zum Parkplatz hinter der Migros. Anlass war der «Merci Bus», den der orange Riese anlässlich seines 100-jährigen Bestehens auf Nostalgietour durch die Schweiz geschickt hat. Nach Gelterkinden, Sissach, Bubendorf und Laufen machte das Gefährt – ein Verkaufswagen aus dem Jahr 1986 – mit Ettingen seinen finalen Halt im Basler Landkanton. «Gerade ältere Leute verbinden mit dem Bus noch viele Erinnerungen. Jüngere Menschen wissen wohl nicht, worum es geht», sagt eine Besucherin. Auch ein Herr von ausserhalb Ettingens war beim Spektakel dabei: «Ich wohnte als Kind auf dem Bruderholz. Einmal die Woche kam der Bus zum Hächtliacker. Das war praktisch, weil man nicht den Weg zur weiter entfernten Migros-Filiale auf sich nehmen musste», erzählt der Mann in den 60ern.
Gugger stehen auf Brezel
Der fahrende Verkaufsladen geht ganz auf die Anfänge des 1925 von Gottlieb Duttweiler gegründeten Unternehmens zurück. Die Reise begann mit sechs Produkten: Hörnli, Kaffee, Reis, Zucker, Seife und Kokosfett. 1925 wurden in Zürich mit fünf Verkaufswagen während jeweils zehn Minuten 178 Haltestellen angefahren. Seit 1948 kam das Prinzip der Selbstbedienung auf und damit wurden auch jeweils immer mehr Produkte verkauft. 1965 waren es 44 Selbstbedienungswagen, die von den Verkaufswagen mit Bedienung bis 1976 schrittweise ersetzt wurden. Ab 1980 wurden die Verkaufswagen durch das wachsende Filialnetz abgelöst. Ende 2007 fuhren die letzten beiden Verkaufsbusse in Walliser und Tessiner Täler. «Das Angebot sollte auch heute wieder aktualisiert werden, da ja in einigen Regionen fortlaufend Läden geschlossen werden. Das ist dort ein Problem für Leute, welche nicht mobil oder nicht gut zu Fuss sind und auf Einkaufsmöglichkeiten in sehr naher Umgebung angewiesen wären», so einer der Kommentare, die rund um die «Merci Bus»-Aktion zu hören waren. Viele Eltern und Grosseltern hatten sich am Freitag mit Kindern und Enkelkindern auf den Weg gemacht – schliesslich gab es für jeden Besucher gratis eine leckere Brezel – es ist einer der in der Ettinger Migros meistverkauften Artikel.
Charme in schwierigen Zeiten
Die Jubiläumsaktion fällt in eine Zeit, in welcher die Migros eher für unrühmliche Schlagzeilen sorgt: Der Verkauf der Möbel-Sparte Micasa, die Schliessung von «Do it + Garden»-Filialen oder die Aufgabe der Alnatura-Läden. Mit der «Merci Bus»-Aktion hält die Migros dagegen: In einer schnelllebigen Welt bleibe «die Migros ihrem ursprünglichen Geist treu – nah bei den Menschen zu sein. Der Bus, einst Symbol für Zugänglichkeit und Innovation, feiert das Jubiläums-Event und bietet das Einkaufserlebnis von damals neu an», so das Unternehmen in einer Mitteilung. Und weiter: Die Entscheidung, den Bus in kleinen Gemeinden haltmachen zu lassen, zeige das Engagement der Migros, auch entlegene Winkel der Schweiz zu erreichen. Es gehe darum, dorthin zu gehen, wo man bei Kampagnen selten hinkommt, und einen Querschnitt durch die Schweiz zu schaffen.
100 Orte
Der Andrang beim Besuch des alten Migros-Busses in Ettingen hat gezeigt, dass Nostalgie und die Einladung zu einem Event mit Gratisbrezel grundsätzlich höher gewichtet werden als heutige unternehmerische Turbulenzen. Schon als der Bus um 16 Uhr seine Tore öffnete, musste man bald zehn Minuten anstehen, um zu einer Brezel zu kommen. Und wer wollte, konnte im Bus gleich einen Wochenendeinkauf erledigen. Für die Aktion hat die Migros ein spezielles Sortiment mit 100 Artikeln zusammengestellt. Tags darauf machte sich der Bus auf den Weg nach Riehen – den einzigen Halt im Kanton Basel-Stadt. Insgesamt besucht der Bus 100 Orte in der ganzen Schweiz. Die Aktion wird bis im Oktober andauern.
Caspar Reimer