Oberwiler Schreibwerkstatt feiert den 20. Geburtstag

  20.11.2025 Oberwil

Bereits zum 20. Mal fand letzte Woche die Schreibwerkstatt des Gymnasiums Oberwil statt – 20 Schülerinnen und Schüler waren dieses Jahr daran beteiligt. Der Höhepunkt: Ein Auftritt am internationalen Literaturfestival «BuchBasel».
Es ist kein gewöhnlicher Freitagnachmittag – zumindest nicht für die 20 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Oberwil. Statt im Klassenzimmer zu weilen oder Hausaufgaben zu machen, sitzen sie im Galeriesaal des Volkshauses Basel und üben ein letztes Mal ihre Texte. Jene Texte, die sie in den vergangenen Tagen im Rahmen einer Schreibwerkstatt extra für ihren Auftritt am internationalen Literaturfestival «BuchBasel» geschrieben haben.

Bei dieser Schreibwerkstatt handelt es sich um ein ausserschulisches, freiwilliges Projekt, das dieses Jahr bereits zum 20. Mal stattgefunden hat. Zum Gründerteam gehört Hannes Veraguth, Deutschlehrer am Gymnasium Oberwil, der am Festival ebenfalls vor Ort war. «Kreatives Schreiben als künstlerischer Ausdruck kommt in der Schule manchmal zu kurz, oft geht es eher um argumentative Texte und um Richtig oder Falsch», sagte er im Kurzgespräch mit dem BiBo. Ausserdem existierten im Bereich der Literatur sonst kaum Förderprogramme wie in anderen Fächern.

Die Schreibwerkstatt versteht Hannes Veraguth nicht nur als Begabten-, sondern ausdrücklich auch als Interessiertenförderung. «Man muss keine guten Noten in Deutsch haben oder einen Text vorweisen, um mitzumachen», betonte er. «Was zählt, ist das Interesse und der Wille.» Ebenfalls schon viele Jahre dabei ist Markus Gisin – auch er ist Deutschlehrer am Gymnasium Oberwil. «Es ist Jahr für Jahr einzigartig, dass wir als Schule an der ‹BuchBasel› dabei sein dürfen», fand er.

Kritisch, tiefsinnig und witzig
Das Ergebnis der diesjährigen Schreibwerkstatt liess sich letzten Freitag definitiv sehen. Die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten beeindruckten mit abwechslungsreichen, kurzweiligen, tiefsinnigen, manchmal auch sehr kritischen Texten und witzigen Pointen. Viele nahmen kein Blatt vor den Mund – es ging um Themen wie Suizid, Femizid, Klimawandel, Armut, Krieg, Flucht. Skeptisch und sehr direkt fragte sich etwa Sophie: «Wohin mit dieser Welt? Warum geht es immer nur ums Geld?» Auch Donald Trump musste dran glauben. Andere wiederum getrauten sich, Verletzlichkeit zu zeigen. So ging es im rührenden Beitrag «Amen» von Tim um die Schuldgefühle eines Homosexuellen gegenüber Gott.

Auch wenn düstere oder schwierige Themen mehrmals zur Sprache kamen: Die Beiträge regten zum Nachdenken an, gaben Hoffnung – und machten Mut. Mut, an sich und an das Gute zu glauben, Mut, etwas zu verändern. Das kreative Element war in einigen Beiträgen besonders spürbar. Ob in Reimform, im Slam-Stil, als Theaterstück oder auf Englisch: Jeder und jede verlieh auf andere Art und Weise den eigenen Gedanken Ausdruck. Besonders beeindruckt hat Lilian mit ihrer hervorragend performten Glosse über Fremdwörter. Aber auch generell waren die Auftritte gelungen: Manche traten zwar zunächst etwas unsicher auf die Bühne, doch beim Vorlesen war jede Spur von Nervosität verschwunden. Die Jugendlichen blühten in ihren Performances so richtig auf.

«Begegnungen, die guttun»
Die Leitung der mehrtägigen Schreibwerkstatt übernehmen externe Personen; diesmal konnte Essayistin und Dramatikerin Enis Maci dafür gewonnen werden. «Uns ist es wichtig, dass die Person künstlerisch tätig ist. Das sind Begegnungen, die den Jugendlichen guttun», erklärte Markus Gisin. Für die diesjährige Workshopleiterin Enis Maci habe man sich unter anderem deswegen entschieden, weil sie «so breit schreibt». Die 32-Jährige studierte Literarisches Schreiben und Kultursoziologie in Leipzig und London, heute lebt sie in Berlin, unterrichtet an Hochschulen und ist Autorin mehrerer Werke, unter anderem des 2018 erschienenen Essaybands «Eiscafé Europa», für den sie den Literaturpreis Ruhr 2020 erhielt.

In der Schreibwerkstatt haben sich die Teilnehmenden erst mit verschiedenen Schreibaufgaben beschäftigt, ehe die eigenen Texte konzipiert und geschrieben wurden. «Es gab keine Auflagen», so Enis Maci, einzig an dem diesjährigen Motto des Festivals «–trauen» habe man sich orientiert. Die Leiterin zeigte sich nach dem Anlass zufrieden: «Es war eine tolle Gruppe mit super engagierten Schülerinnen und Schülern. Alle hatten Spass daran.»

Nathalie Reichel


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