Rebumgang des Weinbauvereins Ettingen

  11.09.2025 Ettingen

Es ist Tradition, dass der Weinbauverein Ettingen jedes Jahr vor dem «Herbsten» einen Rundgang im Rebberg durchführt.

Dieses Jahr führte der Präsident des Weinbauvereins, Heinz Ruchti, die eingeladenen Gäste, Gemeindeund Bürgerrat, sowie die Vereinsmitglieder durch die Reben. Mit seinem enormen Wissen über die Pflanzenwelt konnte er den Abend interessant und abwechslungsreich gestalten. Nach dem Rundgang durch den Rebberg konnten sich alle bei der Pergola bei Speis und Trank erholen.

Geschichte
Der Weinbauverein wurde 1938 von 10 Rebenbesitzern gegründet und wurde ein Jahr später wegen des Kriegsausbruchs bereits wieder aufgegeben. 1955 wurde der Verein durch Leo Thüring-Brodmann mit bereits 21 Rebenbesitzern wieder ins Leben gerufen.

Der Weinbau in Ettingen lebt nicht «nur» von der professionell geführten Weinkellerei mitten im Dorf. Nein, der Weinbau in Ettingen lebt vor allem von den
19 Kleinwinzern, welche ihre Rebberge in ihrer Freizeit bewirtschaften. Das Gebiet, auf welchem der Ettinger Wein angepflanzt ist, gehört ca. 60 Landbesitzern und ihren Familien. Natürlich ist nicht jeder Rebbauer oder jede Rebbäuerin fähig, einen guten Wein herzustellen, deshalb nehmen fast alle professionelle Hilfe von einer Weinkelterei in Anspruch.

Im 19. Jh. wurde auf 13 Hektaren Reben angepflanzt. Dies entspricht einer Fläche von mehr als 18 Fussballfeldern. Heute sind es noch 3,7 Hektaren, also nur noch etwa 5 Fussballfelder. Was ist geschehen? 1852 ist erstmals der Mehltau aufgetaucht und dann 1863 wurde aus Amerika die Reblaus eingeschleppt. Durch diese beiden Ereignisse verschwand der Rebbau in der Region fast vollständig.

Naherholungsgebiet
Der Weinbauverein Ettingen tut alles dafür, dass der Rebberg das ganze Jahr über für alle Spaziergänger und Wanderer ein attraktiver Ort ist und bleibt. Zusammen mit dem Naturschutzverein Ettingen wird immer wieder über die Aufwertung der heimischen Natur im Rebberg diskutiert und gleich umgesetzt. Erfreulich sind im Rebberg auch die Streifen zwischen den Rebzeilen, die vermehrt alternativ gemäht werden und damit für Insekten ein gutes Blütenangebot darstellen. Neu sind am mittleren Weg, wo bisher nur Brombeergestrüpp stand, Mulden ausgehoben worden, welche mit altem Rebholz gefüllt wurden. Dazwischen wachsen einheimische Sträucher und Blumen. In diesem Jahr wurden dort schon Hasen, Hermeline und auch ein Dachs gesehen. Auf der Südseite der Reben wurden im Frühling Blumen angepflanzt, von welchen die meisten den heissen Sommer leider nicht überstanden haben. Zudem lädt die Pergola in der Mitte des Rebberges jedermann zum Verweilen ein. Dieser Zufluchtsort der Ruhe wird rege von Wandern, Spaziergängern und auch ganzen Schulklassen genutzt.

Krankheiten
Bis der Wein in die Flaschen abgefüllt werden kann, müssen aber viele Hürden überwunden werden. Die Natur hat so seine Tücken. Im Frühjahr hat es oft noch Frost. Dann kommen die grossen Gewitter mit Hagel, welche ganze Weinernten vernichten können. Und dann gibt es noch die Krankheiten.

Seit etwas 2014 gibt es die sogenannte Esca-Krankheit, dabei handelt es sich um eine Pilzerkrankung. Der Pilz setzt sich vor allem an grossflächigen Schnittstellen fest und vernichtet ab dort den ganzen Rebstock. Da hilft dann nur noch alles abschneiden und verbrennen.

Neu ist die amerikanische, etwa 5 mm grosse Rebzikade. Sie legt Eier unter die Rinde und verbreiten ein Bakterium, welches Goldgelbe Vergilbung heisst. Die Blätter des Rebstockes verfärben sich gelb und werden schrumplig.

Und dann kommt, wie jedes Jahr seit 2014, die Kirschessigfliege. Wenn sie einmal da ist, wird es eher schwierig und deshalb muss man schon vorher präventive Massnahmen ergreifen. Man weiss, dass sie nur dunkle Früchte befällt, also Kirschen, Brombeeren und dann im Rebberg rote Weintrauben. Weisse Trauben werden kaum bis nie befallen. Gegen die Kirschessigfliege muss man möglichst wenig Blätter um die Trauben lassen, denn Wind lieben sie gar nicht. Wenn man am Rebstock um die Trauben aber wenig Blätter lässt, sind sie der Sonne mehr ausgesetzt, sie bekommen einen Sonnenbrand und verdorrt. Neuerdings werden rote Trauben mit einem weissen Kalkstaub besprüht, damit die Fliege nicht mehr durch die dunkle Farbe angezogen wird. Dies sieht nicht so appetitlich aus, ist jedoch völlig unbedenklich, da es auch medizinisch und kosmetisch eingesetzt wird. Neu sind aber besonders feine Netze. Da werden alle Blätter rund um die Trauben entfernt und ein Netz darüber gespannt. Es ist so feinmaschig, dass die Fliegen nicht hindurch schlüpfen können. Zudem schützt das Netz die Trauben auch noch vor der Sonneneinstrahlung und leichtem Hagel.

Weinernte
Dieses Jahr beginnt die Weinernte, das Herbsten, etwa 2 Wochen früher als üblich. Das heisst, alle Erntehelferinnen und Erntehelfer müssen früher anrücken. Der Wein wird auch dieses Jahr wieder hervorragend, weil die Sonne es mit den Trauben gut gemeint hat. Allerdings gibt es einen kleinen Wermutstropfen in der ganzen Geschichte. In den letzten Jahren ist der Weinkonsum rapide gesunken. Der Rückgang der Schweizer-Weine war jedoch kleiner als jener der Ausländer-Weine, was die Ettinger Winzer doch wieder etwas trösten wird.

Wir freuen uns alle auf den neuen Jahrgang und wünschen dem Weinbauverein und seinem schönen Rebberg eine tolle Zukunft.

Brigitte und Werner Stöcklin


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