Schräge Vögel und ein «Stall» mitten im Dorf
27.02.2025 OberwilDas diesjährige Glöggli, das letzten Freitag und Samstag im katholischen Pfarreiheim über die Bühne ging, überzeugte mit einem abendfüllenden Programm, tollen Formationen und gelungenen Pointen. Beide Vorstellungen waren ausverkauft.
Es ist schon deutlich nach halb acht, als sich der Vorhang einen Spalt öffnet, jemand den Kopf herausstreckt und dann hektisch nach hinten ruft: «Der Saal ist voll, wir können beginnen!» Der Spruch, vielleicht auch die Verspätung, sind Teil des Programms. Doch der eigentliche Start lässt noch auf sich warten. Ein entscheidendes Paket fehlt wohl – sagt zumindest der Narr (Dieter Gutzwiller), der zwar schon längst auf der Bühne steht, aber immer noch nicht als Narr verkleidet ist. Und das Kostüm ist nicht das Einzige, was fehlt.
Prompt stolpert ein Pöstler durch den Saaleingang, sichtlich überfordert, und lässt mithilfe von Zuschauern mehrere Pakete auf die Bühne hieven. Nach längerem Hin und Her findet sich doch noch das richtige. Was fehlt nun ausser dem Kostüm? Natürlich: das Glöggli! Jetzt kann das Programm beginnen.
Bis auf letzten Platz voll
Das Glöggli ist vom «Glöggli» wohl ebenso wenig wegzudenken wie die gleichnamige Vorfasnachtsveranstaltung von Oberwil. Dieser Meinung war jedenfalls das Publikum letzten Freitag und Samstag, das den Saal im katholischen Pfarreiheim jeweils bis auf den letzten Platz füllte.
Die Päckli-Geschichte zieht sich übrigens durch den ganzen Abend – eine geschickte Taktik, um jeweils die nächste Nummer anzukündigen. In einem Paket verbirgt sich ein Knochen: Es kommt die Trommlergruppe Neandertaler auf die Bühne. In einem anderen findet der Narr – natürlich inzwischen als solcher verkleidet – ein Piccolo: Die Pfeifergruppe Iibelheerig tritt auf. Nebst Piccolos und Trommeln gibt es aber auch alles Weitere zu hören und zu sehen, was zu einer Fasnacht gehört. Guggemusik von den Improvisante und den Spuntegumper zum Beispiel. Oder Schnitzelbankverse von der Giftspritzi und der Schnapsbagge, die verschiedenste Politiker aufs Korn nehmen, von Esther Keller bis hin zu Olaf Scholz. Aber auch ganz lokale Promis müssen dran glauben, unter anderem der Oberwiler Gemeindepräsident Hanspeter Ryser. Ein Vers, der beim Publikum besonders gut ankommt.
Ironie und Wortspiele
Überhaupt bereiten die Programmpunkte mit lokalem Bezug dem Publikum sichtlich grosse Freude. Der Vogelwart (Peter Wyss) berichtet über allerlei «schräge Vögel» in Oberwil, während sich die Säuli (Patrick Kunz und Peter Wyss) über den «grossen braunen Stall mitten im Dorf», also die Gemeindeverwaltung, lustig machen. Und zwei Passanten (Olivier Quenet und Patrick Kunz) unterhalten sich auf einer Sitzbank über den FC Oberwil und die neue Solaranlage auf dem Dach der Gemeindeverwaltung. Alle punkten mit Ironie, witzigen Wortspielen und frechen Seitenhieben. Aber auch der Waggis aus dem Elsass (Peter Wyss) ist mit seinem Charme und entsprechenden Akzent ein wahrer Genuss. Am Freitag wirken gegen Schluss – wohl auch wegen der fortgeschrittenen Zeit – die Übergänge und der letzte Text teils etwas holprig, doch das tut der guten Stimmung im Saal überhaupt keinen Abbruch. Das Publikum belohnt Veranstalter und Mitwirkende mit stürmischem Applaus und Jubelrufen. Zweifelsohne eine gelungene «Glöggli»-Ausgabe und eine wunderbare Einstimmung auf die Fasnacht, die nun vor der Tür steht.
Nathalie Reichel