Wer bin ich, oder die Frage nach dem Urknall
03.10.2024 BottmingenDas Theater Sgaramusch präsentierte seine Produktion «Urknall» in der ehemaligen Trafohalle in Bottmingen. Die riesige Halle und das umliegende Areal des ehemaligen Umspannwerks werden zwischengenutzt und bieten Möglichkeiten für grossflächige Kunst.
Die hohe Halle des Trafogebäudes erschliesst sich dem Besucher in Etappen. Wer am Freitagabend durch den Eingang trat, landete zunächst auf einem Balkon mit einer Bar und Sitzgelegenheiten. Von dort aus führte der Blick in die Tiefen des riesigen Raums, in den eine Treppe hinabführt. Die leere Bühne und die Sitzreihen für das Publikum fanden sich hinter einem schwarzen Vorhang. Rund 25 Interessierte fanden sich in der Industriehalle ein, um das Theater Sgaramusch mit seinem Stück «Urknall – am Anfang regnete es Kühe» kennenzulernen.
Das rund 50-minütige Stück drehte sich um zwischenmenschliche Situationen und die Erde, aber auch um die Energie des Urknalls. Die beiden Schauspieler Nora Vonder Mühll und Steff Colombo starten, in dem sie einen grossen weissen Kreidekreis auf den schwarzen Boden malen und verschiedene Gegenstände, wie Bälle oder Perücken aus blauen Ikeatüten auf dem Kreis verteilen. Das Ganze erschien wie ein Sonnensystem im Universum. Passend dazu hängen sie in der Mitte des Kreises einen gelben Ball auf und beleuchten ihn mit einem grossen Spotlight und erklären: «Das ist die Erde.»
Mit wenig Text auf Schweizerdeutsch erzählen, spielten und sangen die beiden ihre Geschichten, die sich um menschliches Verhalten, die Natur, die Erde und den Urknall drehten. So stritten sich die beiden um die Frage, wem was gehört, oder der gierige Steff Colombo frass alle Bälle und erklärte: «Ich habe nie genug.» Die beiden zogen sich gegenseitig immer engere Grenzen mit Kreide, bis es fast keinen Platz mehr gab. Die Szenen drehten sich um grundlegende Fragen, wie wer bin ich, was kann ich oder wie hat alles angefangen. Dabei wurden der Urknall und die Entstehung des Universums mit einem lauten Knall nachgestellt. Ausserdem regnete es kleine Spielzeugkühe auf die Erde. Die muhenden Spielzeugtiere wurden von den Darstellern vorsichtig auf dem Boden aufgestellt und getränkt.
Zuschauermitwirkung inklusive
Das Ganze wurde von Geräuschen untermalt, z. B. mit Schlagen auf ein Blechstück während Nora ihrer E-Gitarre Klänge und Melodien entlockt. Oder sie forderten die Zuschauer zum Mitklatschen auf und baten zwei Zuschauer auf die Bühne. Ausserdem imitierten sie mit viel Gestik und Mimik verschiedene Naturelemente und Geräusche, wie Wind, Wasser und schlüpfen in verschiedene Rollen.
Immer mit neuen Ideen
Das Stück endete mit der Sorge um die Erde. Entsprechend ging es im letzten Lied um den Aufruf an die Menschen, die Erde nicht aus den Augen zu lassen. Am Ende erhielten die beiden Darsteller viel Applaus für ihre Leistung und ihre Eigenproduktion.
Das Theater Sgaramusch besteht aus der Baslerin Nora Vonder Mühll und dem Leimentaler Steff Colombo. Seit über 25 Jahren produzieren die beiden Theaterstücke für ein junges Publikum. Ihr Ziel ist es, zu berühren und zum Fragen herauszufordern. Dazu probieren sie Neues aus und spielen mit unterschiedlichen Genres und reduzierten Mitteln. In ihren Geschichten, mit denen sie regelmässig auf Tournee gehen, beschäftigen sie sich mit gesellschaftlichen Fragen.
Die Trafohalle und das ehemalige Unterwerk in Bottmingen lagen seit 2019 brach, bis die Organisation Unterdessen die Zwischennutzung für das ganze Areal, die bis Februar 2028 läuft, auf die Beine stellte. Auf dem Gelände haben sich in der Zwischenzeit bereits mehrere Künstler mit ihren Ateliers angesiedelt. Barbara Krause aus Bottmingen wurde auf die Trafohalle aufmerksam und beschloss, diese Räumlichkeiten zu mieten, um einen Kulturort für das Leimental entstehen lassen, der Kunst, Literatur, Theater und musikalische Acts anbietet. Durch ihre Grösse bietet die Trafohalle Raum für Kunst und Darbietungen im Grossformat. Die Halle soll während der wärmeren Monate genutzt werden, da sie nicht beheizt werden kann.
Ein weiteres Element von Barbara Krauses Plänen ist die neu initiierte jährliche Kunst- und Kulturausstellung «Leimentale», die im September stattfindet. Diese fand dieses Jahr vom 6. bis 29. September erstmals statt. Dabei kamen Kunstschaffende zum Zuge, die einen Bezug zum Leimental haben. Auf dem Programm standen acht Künstler, unter anderem das Theater Sgaramusch. Auch eine Filmvorführung mit Podiumsdiskussion und drei Musikkonzerte gab es und im Hauptraum waren am Freitagabend grossformatige Gemälde zu bewundern. Ausserdem möchte Barbara Krause Angebote für Schulen anbieten. Einen Anfang machte dabei das Theater Sgaramusch, welches am Donnerstagvormittag eine Schulvorstellung durchgeführt hatte. Das langfristige Ziel von Barbara Krause ist es, das Leimentale-Festival als fixen Teil der regionalen Kulturlandschaft zu etablieren, welches nach der Zwischennutzung weiterexistiert.
Chantal Zoelly


