Wie geht es dem Ettinger Wald?

  31.07.2025 Ettingen

In der SRF-Tagesschau vom 21. Juli 2025 wurden alarmierende Bilder gezeigt: Zu sehen waren Kahlschläge, tote Bäume und vom Borkenkäfer zerstörte Fichtenbestände im Jura. Grund genug für den BiBo, in Ettingen genauer hinzuschauen. Revierförster Christoph Sütterlin von der Forst Betriebs Gemeinschaft (FBG) Am Blauen gibt Einblick – und erklärt, warum die grösste Gefahr nicht mehr direkt vom Borkenkäfer ausgeht.

«Unsere Fichtenbestände bestehen meist aus alten Monokulturen», erklärt Sütterlin. «Wenn der Borkenkäfer einmal eingedrungen ist, kann er sich dort sehr stark ausbreiten.» Besonders gefährdet seien zusammenhängende Bestände, in denen der Käfer ohne grosse Flugstrecken optimale Bedingungen vorfinde. Zwar sei das Thema Borkenkäfer in Ettingen nicht neu – viele der besonders anfälligen Flächen seien bereits verschwunden –, doch die Schäden aus den vergangenen Jahren wirken nach. Auch weitere Baumarten sind betroffen, allerdings von einer anderen Art Borkenkäfer, erklärt Sütterlin: «Vor allem grosse Weisstannen sind betroffen, diese tiefwurzelnden Bäume kommen in Trockenphasen nicht mehr ans Wasser und werden dadurch geschwächt.» In Jahren wie diesem – gefühlt regnet es oft, tatsächlich aber nur in kleinen Mengen – verdunstet das meiste Wasser sofort. Ein Millimeter Regen an einem Tag reiche nicht, um die Bäume nachhaltig zu versorgen. «In diesem Zustand sind die grossen Tannen anfällig, und der Borkenkäfer dringt vermehrt auch dort ein. Das bereitet uns zunehmend Sorgen.» Die jungen Bestände sind davon weniger betroffen. «Der Jungwald ist gut versorgt, dort ist die Wassersituation unproblematisch», sagt Sütterlin. «Die älteren Bäume mit tiefen Wurzeln hingegen leiden.»

Prävention bleibt schwierig
Dem Klimawandel mit Forstwirtschaft zu begegnen ist keine einfache Aufgabe. «Prävention ist schwierig, denn wir können den Regen nicht beeinflussen», betont der Förster. Entscheidend sei daher das frühe Erkennen befallener Bäume.

Diese werden möglichst gezielt entfernt, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Die meisten besonders anfälligen Bestände seien jedoch bereits verschwunden. Doch auch nach dem Fällen stellt sich die Frage: Was tun mit dem Holz? Denn befallenes Holz ist nicht automatisch wertlos. «Frisch befallenes Holz kann problemlos verkauft werden, beispielsweise an die Industrie oder zur Papierherstellung», so Sütterlin. Wird mit dem Einschlag zu lange gewartet – etwa um den Boden zu schonen oder benachbarte Bäume nicht zu gefährden –, trocknet das Holz aus. «Dann eignet es sich zwar nicht mehr für alle Zwecke, kann aber noch gut für Schnitzelheizungen verwendet werden. Wichtig ist, dass der Käfer bereits aus dem geschlagenen Holz ist.»

Freizeitdruck auf den Wald nimmt zu
Eine andere Belastung entsteht durch die zunehmende Freizeitnutzung des Waldes. Wenn viele Menschen den Waldweg verlassen – seien es Wanderer, Biker oder Reiter – hat das negative Folgen. Diese Eingriffe schädigen den Boden und es entstehen neue Trampelpfade oder Bikerwege. Sütterlin betont allerdings, dass sich die Mehrheit rücksichtsvoll verhält: «Wir haben Reiter, wir haben Wanderer, wir haben Biker im Wald und von hundert sind das vielleicht drei oder vier Stück, die sich nicht an die Regeln halten.»

Holznutzung im Gleichgewicht
Ein häufig geäusserter Verdacht – dass der Wald übernutzt wird – kann laut Förster Sütterlin klar verneint werden: «Wir orientieren uns am sogenannten Hiebsatz, also dem jährlichen Zuwachs im Wald, der alle fünfzehn Jahre neu berechnet wird. Wir schlagen nie mehr Holz als nachwächst – meist sogar etwas weniger.» Diese Praxis wird vom Kanton kontrolliert und verhindert eine Übernutzung. Trotzdem stehe man vor schwierigen Entscheidungen, wie mit geschwächten Beständen künftig umzugehen sei. Ein möglicher Weg in die Zukunft: der gezielte Waldumbau. «Wir müssten vermehrt eingreifen, den Wald stärker verjüngen und die sogenannte Umtriebszeit der Bäume reduzieren», erklärt Sütterlin. Anstatt auf 120 bis 140 Jahre alte Baumriesen zu setzen, könnte es sinnvoll sein, auf jüngere Bestände zu setzen – etwa mit einem Zielalter von 80 Jahren. Diese seien widerstandsfähiger gegenüber Wetterextremen und Krankheiten. Künftig wolle man gezielt wärmeliebende Arten fördern: bei den Nadelbäumen etwa Föhren, Douglasien, Lärchen und Weisstannen, bei den Laubbäumen eine breite Mischung aus Ahorn, Linde, Eiche, Kirschbaum, Baumhasel – und weiterhin gemischt mit Buche.

Brooke Keller


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