Wie Pionierarten ihre Heimat neu fanden
08.05.2025 OberwilWo kamen die «Pionierarten» wie Kreuzkröte, Laubfrosch, Geburtshelferkröte und Gelbbauchunke ursprünglich vor?
Die Überschwemmungsgebiete der Flüsse, Flussauen, stellen einen natürlichen Lebensraum der Pionierarten dar. Jedoch nicht nur. Auf unseren fruchtbaren Löss-Plateaus gab es viel Wasser, welches nicht versickern konnte, weshalb bei der Bewirtschaftung die Parzellen von aussen nach innen gepflügt wurden. Die Erde wurde somit immer mehr zur Mitte der Äcker hin verschoben. Über die Jahre entstanden sanfte Hügeläcker, Wölbäcker genannt. Das Wasser sammelte sich an den Rändern und wurde über ein Grabensystem abgeleitet. Man kann sich leicht vorstellen, dass es in einer solchen Landschaft nur so von Amphibien gewimmelt haben muss.
Das Aussterben einzelner Arten verhindern
Sowohl die Überschwemmungsgebiete der Flussauen wie auch die offenen Entwässerungsgräben wurden im 20. Jahrhundert weitestgehend durch Kanalisierung und Drainagen beseitigt. Dies und auch die intensive Landwirtschaft, führte zum fast vollständigen Verschwinden der meisten Amphibienarten. In den Ziegeleien Oberwils und Allschwils wurden durch die Abbauarbeiten ungewollt günstige Gewässer geschaffen, wo Restpopulationen über leben konnten. In den 70er-Jahren begann man Ersatzbiotope zu schaffen, um das vollständige Aussterben einzelner Arten zu verhindern. Prof. Heinz Durrer aus Oberwil war einer dieser Pioniere, denen es zu verdanken ist, dass es die Pionierarten heute noch zu beobachten gibt. Auch Grasfrosch und Erdkröte wurden gefördert.
Man muss sich vor Augen halten, dass es sich bei den meisten geschaffenen Feucht-Biotopen um künstliche, aufwendig zu pflegende und meist auch isolierte Lebensräume handelt. Bis heute sind Förder- und Erhaltungsmassnahmen für die einzelnen Arten eine technische und wissenschaftliche Herausforderung. Pionierarten sind für ihre Vermehrung auf ganz frisch entstandene Gewässer angewiesen, daher der Name. Grosslibellenlarven, Gelbrandkäfer, Molche und Grünfrösche sind effektive Räuber und fressen deren Nachwuchs häufig vollständig weg. Libellenlarven und Molche können selbst in ausgetrockneten Pfützen noch lange überleben. Die Gelbbauchunken scheinen verborgene Fressfeinde zu bemerken, weshalb sie in solche Gewässer schon gar nicht ablaichen.
In der einstigen Ziegelei Oberwil konnte nach der Auffüllung der Grube, im kantonalen Schutzgebiet von nationaler Bedeutung, die Kreuzkröte bis heute erhalten werden.
In der Binninger Herzogenmatte ist das Kunststück gelungen, beinahe alle Amphibien auf einem relativ kleinen Grundstück zu erhalten. Durch die Vielgestaltigkeit dieser Landschaft kommen auch viele andere Tiere und seltene Pflanzen vor. So gibt es dort die Ringelnatter und seit Kurzem auch die europäische Sumpfschildkröte. Die Geräuschkulisse ist beeindruckend. Besonders am Abend kann man sich hier einen akustischen Eindruck einer ursprünglich anmutenden Natur verschaffen und die Rufe der einzelnen Arten kennenlernen.
Mit anpacken und entdecken: Pflegeeinsatz und Exkursion
Langfristig können kleine Amphibien-Populationen nicht überleben. Das Aussterberisiko kann durch Vernetzung mit anderen Populationen vermindert werden. Seit Jahren bemühen sich Biologen und andere Naturfreunde, Verbindungen zu den nahen Vorkommen in den ehemaligen Ziegeleinen Oberwil und Allschwil und dem Chuegraben bis ins nahe Elsass über natürlichen «Feuchte-Achsen» zu schaffen. Hierfür müssen in kleinen Abständen Stützbiotope erstellt werden. Allerdings hat jede Art wiederum ganz eigene Ansprüche, die meist nicht unter einen Hut zu bringen sind.
Heute aktiv bei diesen Bemühungen ist die KARCH, Pro-Natura, lokale Naturschutzvereine und vor allem der Verein Herzogenmatt. Übrigens können Sie auch selbst mithelfen. Der Verein Herzogenmatt veranstaltet einmal jeden Monat einen Pflegeeinsatz für Jung und Alt, oder kommen Sie mit auf die Abendexkursion vom Naturund Vogelschutzverein Oberwil unter der Leitung des Biologen, Dr. Benedikt Schmidt (Präsident des Stiftungsrates Herzogenmatt) am nächsten Sonntag.
Roland Steiner, Präsident des Natur- und Vogelschutzvereins Oberwil